Praxistipp Rechtsschutzversicherung

Was ist der Sinn einer Rechtschutzversicherung? („RS-Versicherung“)

Die Grundlagen der RS-Versicherung sind in den §§ 158j bis 158m Versicherungsvertragsgesetz geregelt. Bei der RS-Versicherung geht es darum, dass man sich gegen hohe und ungewisse Prozess- und Rechtsverfolgungskosten vor Gerichten und Verwaltungsbehörden absichern kann. Die RS-Versicherung deckt dann dieses Risiko. Der Versicherungsnehmer kann sich auch auf ungewisse Prozesse einlassen, da man bei Erfolglosigkeit die Kosten nicht selbst tragen muss. Aber selbst im Falle des Obsiegens in einem Verfahren kann die RS-Versicherung sinnvoll sein: In der Praxis gibt es mehrere Gründe, warum man trotz eines erfolgreichen Urteils nicht zu seinen Ansprüchen / Geld kommt, zum Beispiel wenn der Gegner insolvent wird; nicht (mehr) pfändbar ist aufgrund von zahlreichen Vorpfandrechten anderer Gläubiger oder aufgrund von Unterhaltsverpflichtungen; wenn der Gegner untertaucht; ins Gefängnis muss oder stirbt. All diese Fälle kommen in der Praxis immer wieder vor.

Es lohnt sich auf jeden Fall, die Details eines RS-Versicherungsvertrages mit einem Versicherungsmakler des Vertrauens zu besprechen. RS als private Versicherungsleistung bedeutet, dass der Versicherungsnehmer bei rechtzeitiger Prämienzahlung einen Anspruch auf konkrete Beratungs-, Vertretungs-, und Kostenleistungen erwirbt. Dies dann, wenn (manchmal nach einer Wartefrist) innerhalb der Laufzeit des Versicherungsvertrages in einem der konkret vereinbarten Risikobereiche ein Versicherungsfall eintritt und dieser Versicherungsfall die Wahrnehmung von rechtlichen Interessen notwendig macht. Als Anwalt in Korneuburg übernehme ich nicht nur private Mandate, sondern kooperiere auch ständig mit den in Österreich gängigen RS-Versicherungen. Ich kann gerne auch für Sie eine entsprechende Deckungsanfrage einholen. Dabei ist zu beachten, dass die Abklärung der Deckung in manchen Fällen sehr einfach ist; in anderen Fällen muss der Sachverhalt und die Chronologie schon im Detail herausgearbeitet werden. Mitunter gibt es in der Praxis auch sogenannte Deckungsprozesse, wo ein Versicherungsnehmer eine Versicherung auf Feststellung der Deckung einer RS-Zusage klagt. Im Lauf der Jahre zwischen 2011 und 2017 sind pro Jahr im Schnitt 60 Deckungsprozesse österreichweit bis zum Obersten Gerichtshof geführt worden.

Die Leistungen der Rechtsschutzversicherung sind in den jeweils vereinbarten Risikobereichen unterschiedlich und umfassen einerseits die aktive Durchsetzung von eigenen Ansprüchen (insbesondere Schadenersatz, Schmerzengeld, Verdienstentgang etc.); in anderen Bereichen wird mitunter auch die Abwehr von zivilrechtlichen Ansprüchen oder die Verteidigung in gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafsachen gedeckt. In Strafsachen finden sich häufig Deckungsausschlüsse, insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholdelikten oder bei Begehung einer Fahrerflucht. (Allerdings gibt es auch immer wieder gerichtliche Fälle, in denen zugunsten des Versicherungsnehmers festgestellt werden kann, dass beispielsweise eine Fahrerflucht nicht anzunehmen ist.) Die klassischen Deckungselemente im Zivil-RS sind vor allem der Fahrzeug- und Lenker-RS; der Schadenersatz und Strafrecht-RS; der Arbeitsgerichts-RS; sowie der allgemeine Vertrags-RS. In vielen RS-Versicherungen ist auch ein Beratungsrechtschutz inkludiert. Der Versicherungsschutz umfasst diesfalls die Kosten für eine mündliche Rechtsauskunft; darüberhinausgehende Erhebungs- oder Vertretungstätigkeiten, z.B. die Erstellung von Rechtsgutachten, die Erstellung oder Überarbeitung von Verträgen müssen gesondert abgeklärt werden.

Die verschiedenen RS-Versicherer bieten ihren Kunden häufig Neuerungen an, sodass es zu Ergänzungen des Rechtsschutzes im Familienrecht sowie im Erbrecht kommt; aktuelle weitere Angebote umfassen beispielsweise den „Anti-Stalking-RS“ oder diverse Vorgänge im Internet. Soferne Sie sich für den Abschluss einer RS-Versicherung entscheiden wollen, so kann ich aus anwaltlicher Sicht vor allem empfehlen, dass nicht nur der Schadenersatzrechtschutz, sondern dass auch ein Vertrags-RS inkludiert wird. Der Grund dafür ist folgender: Bei ein und demselben Sachverhalt, z.B. einer medizinischen Fehlbehandlung durch einen Arzt kommt aufgrund desselben Sachverhaltes sowohl ein Schadenersatz, als auch ein Vertragsthema zum Tragen (Behandlungsvertrag). Die Haftungsgrundlagen, vor allem auch die Beweislastumkehr etc. sind im Falle des Behandlungsvertrages aus Sicht des Patienten viel besser, als bei einer „bloßen“ deliktischen Schädigung. Die Details dazu aus schadenersatz- und versicherungsrechtlicher Sicht kann ich Ihnen gerne anlassbezogen darlegen. Auch der Abschluss eines Beratungsrechtsschutzes ist auf jeden Fall ratsam.

Wenngleich der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung aus meiner anwaltlichen Erfahrung her unbedingt empfehlenswert ist, so kann man nicht davon ausgehen, dass „alles versichert“ ist. In der viel zitierten immer „komplexer werdenden Welt“ spielen oft technische Details, medizinische Fragen etc. eine wichtige aber auch schwierige Rolle. Die vorprozessuale Beiziehung von eigenen Gutachtern (Techniker, Ärzte, etc.) kann in aufwendigen und schwierigen Schadenersatzfällen von Bedeutung sein. Auch die Beiziehung von privaten Gutachtern in Strafverfahren wird immer wichtiger. Vorprozessuale Privatgutachten werden jedoch in aller Regel im RS-Bereich nicht übernommen.

In aktuellen Schadenfällen (Stichwort Dieselskandal; Reiseverspätungen etc.) hört man aktuell immer wieder auch etwas von sogenannten Prozesskostenfinanzierern oder mehr oder weniger vollautomatisierten Schadenabwicklungen. Eine Prozesskostenfinanzierung durch eine entsprechende Finanzierungsgesellschaft unterscheidet sich von der sonstigen Prozessführung bzw. von einer privaten RS-Versicherung in mehrfacher Weise: Bei der Prozesskostenfinanzierung zahlt der Klient keine Versicherungsprämie, sondern muss einen entsprechend hohen Anteil des (möglicherweise) zu lukrierenden Kapitals abführen (z.B. 30%). Aus der Sicht des Prozesskostenfinanzierers, der natürlich eine Gewinn machen möchte, funktioniert dieses System nur bei der aktiven Geltendmachung von Geldforderungen, nicht jedoch bei der Abwehr (Passivverfahren) oder bei einer Strafverteidigung; aus organisatorischen und ökonomischen Erwägungen kommt diese Prozesskostenfinanzierung auch nur bei sehr hohen potentiellen Geldforderungen, sehr hohen Erfolgsaussichten und einer guten Bonität des Gegners in Betracht. Insgesamt ist festzustellen, dass das versicherungsrechtliche Fragen (Versicherungsrecht mit seinen Haupt- und Nebengesetzen) selbst ein immer umfangreicheres und komplexeres Rechtsgebiet wird. Da ich mich schwerpunktmäßig seit etlichen Jahren laufend mit dem Schadenersatz- und Versicherungsrecht befasse, stehe ich Ihnen sehr gerne auch in komplexen Schadenfällen bei.