Im höchstpersönlichen Bereich der Familie sollten die Familienmitglieder – sofern möglich – ihre eigenen Angelegenheiten ohne polizeiliche oder staatliche Intervention selbst regeln. Zumeist geht es eben um höchstpersönliche Fragen der individuellen Lebensführung. Jedoch können Situationen eintreten, in denen „Gefahr in Verzug“ besteht oder besonders gravierende Missstände eintreten, sodass eine Intervention des Staates und der Gerichte sinnvoll und notwendig ist. In diesem Zusammenhang ist besonders der Schutz vor Gewalt hervorzuheben. Viele der familienrechtlichen Bestimmungen können als Leitmodell angesehen werden, wie ein wünschenswertes Familienleben aussehen könnte. Man könnte sagen, dass ein gewisses Paradoxon im Familienrecht besteht: Gut „funktionierende“ Familien benötigen kein Familienrecht. Dort jedoch wo die zwischenmenschlichen Beziehungen im Bereich der Obsorge oder nach Verletzung der ehelichen Treuepflicht so gestört sind, kann auch eine Familienrechtsnovelle diese Probleme nicht völlig beheben. Dort wo Kinder im Spiel sind, stellt das Kindeswohl das zentrale Entscheidungskriterium dar. § 138 ABGB hat nun ausführlich dargestellt, welche Kriterien für das Kindeswohl „insbesondere“ maßgeblich sind. Dazu zählen insbesondere eine angemessene Versorgung, Fürsorge, Geborgenheit und Schutz der körperlichen und seelischen Integrität, die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern, die Förderung der Fähigkeiten, die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben, sowie die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen der Kinder.
Zentrale Bestimmungen familienrechtlicher Natur finden sich zum Teil im ABGB, zum Teil im Ehegesetz, aber auch in zahlreichen anderen Gesetzen. So finden sich zum Beispiel in der Exekutionsordnung relevante Bestimmungen für die Umsetzung des Gewaltschutzes. Besonders hervorzuheben ist die Novelle des ABGB im Rahmen des KindNamRÄG 2013.
Das Eherecht regelt zum einen die Voraussetzungen für eine gültige Eheschließung, sowie die Rechte und Pflichten und der Ehegatten während aufrechter Ehe (Ehegüterrecht, Schlüsselgewalt, Namensführung). Im Rahmen einer Ehescheidung ist zu Beginn von besonderer Bedeutung, ob und welche Scheidungsgründe vorliegen. Daran knüpfen sich die Rechtsfolgen der Scheidung, wobei hier von großer Bedeutung die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens zu nennen ist. Auch die Gewährung von Ehegattenunterhalt knüpft an die Art der Scheidung an. In der Praxis von besonderer Bedeutung ist der Abschluss eines Scheidungsvergleiches, der zu einer einvernehmlichen Scheidung führt.
Verletzung der Unterhaltspflicht:
Eine gravierende und längerdauernde Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehepartner begründet eine schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 Ehegesetz (OGH 29.11.2013, 8 Ob 115/13i).
Gewaltschutz:
Grundsätzlich gilt jede Form der Zufügung körperlicher Gewalt als schwere Eheverfehlung. Bei ihr kommt es auf die Schwere der Beeinträchtigung grundsätzlich nicht an; anderes gilt beim sogenannten „schweren“ seelischen Leid. Jegliche Form von körperlicher Gewalt soll in Ehe und Familie prinzipiell verpönt sein (OGH 24.10.2013, 6 Ob 149/13z).
Beschimpfungen:
Wiederholte Beschimpfungen, bei denen es sich nicht um sogenannte milieubedingte Entgleisungen handelt, stellen ebenfalls eine schwere Eheverfehlung dar.
„Wer auszieht, verliert!“
Auch das Verlassen der gemeinsamen Ehewohnung stellt grundsätzlich eine schwere Eheverfehlung dar. Jener Ehepartner, der die Ehewohnung verlässt, muss auch behaupten und beweisen, dass die Aufgabe der Lebensgemeinschaft zu Recht erfolgte. Nur eine subjektive Einschätzung, dass die Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft als unangenehm empfunden wurde, ist als Rechtfertigung nicht ausreichend. In diesem Zusammenhang sollte jedenfalls vor einem Auszug die Sach- und Rechtslage im Detail abgeklärt werden (es besteht beispielsweise die Möglichkeit eines Antrages auf gesonderte Wohnungnahme). Im Falle von Gewalt besteht auch die Möglichkeit einer Wegweisung.